Kobane: Die Weltpolitik in ihrer ganzen Häßlichkeit

Am Abend des 06. Oktober schien sich zu bewahrheiten, was viele schon lange befürchtet hatten: Die Truppen des „Islamischen Staates“ (IS) in Syrien drangen in die kurdische Stadt Kobane ein, die sie schon seit dem 15. September belagerten. Aus Solidarität mit den kurdischen Kämpfer_innen in der nordsyrischen Stadt gingen auf der ganzen Welt Menschen auf die Straße.

Die Stadt Kobane liegt in der Provinz Rojave. Bereits im November 2013 entstanden hier basisdemokratische Selbstverwaltungsstrukturen unter Einbeziehung aller gesellschaftlichen Gruppen. Diese demokratische Alternative scheint dem IS ein Dorn im Auge zu sein, weshalb sie ihr militärisches Vorgehen im Norden Syriens auf diese Region und die Stadt Kobane zu konzentrieren scheint. Die kurdischen schlecht ausgerüsteten kurdischen Kämpfer_innen sehen sich so einer mit Panzern und schwererm Gerät ausgestatteten Armee gegenüber, gegen die sie die Stadt und ihre Bewohner_innen kaum verteidigen können.

Trotz internationalen Drucks weigert sich die türkische Regierung bislang aktiv in den Konflikt einzugreifen um ein mögliches Massaker an der Bevölkerung der Stadt zu verhindern. Und auch Kritik an den Luftschlägen der USA und ihren Verbündeten wird laut. Sie sind nicht dazu geeignet das Vorrücken des IS auf Kobane zu stoppen. Stattdessen scheint sich die türkische Regierung darum zu bemühen, die kurdische Selbstorganisation in Nordsyrien zu unterbinden. Nachdem die PKK die türkischen Kurd_innen dazu aufrief, die Selbstverteidigungstruppen Kobanes zu unterstützen, verweigerte die Türkei wiederholt Menschen die Ausreise aus der Türkei in Richtung Syrien. Zeitgleich ließ sie immer mehr Grenzübergänge in die Türkei schließen und erschwerte so denjenigen, die vor den vorrückenden IS-Truppen Schutz suchten, die Flucht.

Die Verteidiger, #YPG und YPJ, versuchen eine der fortschrittlichsten Bewegungen zu beschützen, die momentan auf der Welt zu finden sind. Der Angriff von ISIS gilt auch der sozialen, räumlichen und menschlichen Basis des Rojava-Projektes. Er findet seit mehreren Jahren statt und hat sich in den letzten drei Wochen mit der Belagerung der Stadt Kobane extrem zugespitzt.

Es ist nicht einfach nur eine militärische Auseinandersetzung: in Kobane findet Weltpolitik in seiner ganzen Häßlichkeit statt. Die großen Mächte denken in einer Feldherrenlogik und daran, was für ihre Machtambitionen sonstigen Interessen am günstigsten ist.

In vielen Teilen Kurdistans ist ein Serhildan (Volksaufstand) losgebrochen, in Batman, Diyarbakır, Mardin, Adıyaman, Malatya, Siirt, Cizre, Hakkari, Van, Ağrı, Muş, und Şırnak kommt es zu massiven Auseinandersetzungen mit Polizei und Militär, die teilweise scharfe Munition einsetzt. In Amed wird von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Kräften der kurdischen Befreiungsbewegung und dem Militär berichet, erste Regierungsgebäude sollen erobert worden sein.

Auch in Istanbul, Ankara und weiteren türkischen Grosstädten kommt es zu massiven Protesten und Auseinandersetzungen.

Kobane ist kein Irrtum – das was in Kobane passiert, ist der Wille der westlichen Mächte und der Türkei und allen anderen die mehr Angst vor direkter Demokratie und menschlicher Solidarität haben, als vor Kopfabschneidern.

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